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© Kühn, 2001, V.2.1 Die Angst der Parkuhr unterwegs einem Eisberg zu begegnen...
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Die Angst der Parkuhr unterwegs einem Eisberg zu begegnen...

Vor mir liegt die Aufnahmeanfrage für einen zehnjährigen Jungen auf dem Schreibtisch. Alle Achtung, denke ich, für seine zehn Jahre hat er es schon zu ziemlich viel Papier in seiner Akte gebracht. Ich bin gespannt auf unsere erste Begegnung. In zwei Tagen ist es soweit. Kleines Monster oder Kuscheltiger?

Ich nutze die zwei Tage, um mir aus den Berichten und Gutachten ein möglichst genaues Profil des Aktenkindes zu erstellen. Dazu gebrauche ich persönlich seit einiger Zeit die MindMap-Methode, so bekomme ich eine visualisierte Darstellung auf einem DIN-A4-Blatt, an der ich mich jederzeit auf einen Blick in der weiteren Planung orientieren kann. Mich interessiert, wie andere Fachkräfte dieses Kind betrachten, mit welchen Bildern wurde dieses Kind von KollegInnen auf den weiteren Weg geschickt? Die Bilanz ist zwiespältig, mein Interesse, dieses Kind real kennzulernen ist jedoch erst recht geweckt.

Die Kunst der Akte

Je länger ich mich beruflich mit diesem Bestandteil meines Jugendhilfealltags befassen muss, desto mehr gelange ich zu der Erkenntnis, dass das Schreiben und Verfassen von Gutachten und Berichten für die Kinderakten eine Kunst ist. Sprich, es erfordert viel Üben, Talent und Erfahrung, um ein realitätsbezogenes Bild des Kindes zu bieten, ohne die Würde dieses Menschen zu verletzen.

Viele Inhalte von Kinderakten, die ich bislang in den Händen hatte, entsprechen diesem Vorsatz in keinster Weise! Defektorientierte Sichtweisen finden sich leider bis zum heutigen Tage zuhauf. Diese prägen, oft über viele Jahre lang, das gültige Bild des Kindes. Wenn es ganz hart kommt, das Bild ganzer Familien.

Ich denke, wir müssen uns bewusst machen, dass es sich dabei immer nur um Ab-Bilder handelt. Um Eindrücke, Einschätzungen und Sichtweisen von ExpertInnen, die dieses Bild von ihrem Gegenüber im Kontext ihrer eigenen Vorstellungswelt kreieren. Dabei immer in der Gefahr, die Wirklichkeit des Menschen gegenüber nur zu streifen oder nicht (vollständig) zu erfassen. Diagnostische Methoden sind Hilfsmittel, das menschliche Verhalten oder Sein messbar, d.h. sichtbar und abbildbar zu machen. Sie sind umso besser, je mehr Irrtümer sie ausschließen können. Nicht mehr und nicht weniger.

In den Berichten über dieses Fallbeispiel fehlt mir eine ressourcenorientierte Überprüfung nicht nur der Möglichkeiten und Spielräume des betroffenen Kindes, sondern auch seines familiären und sozialen Umfeldes. Im Falle eines zehnjährigen Kindes müsste diese zumindest auch umfassend die Bereiche Familie und Schule, eventuell Vereinszugehörigkeit o.ä. berühren. Existierende Hinweise darauf sind leider nur rudimentär oder gar nicht vorhanden.

Die Akte des Zehnjährigen läßt sich nach Ausschluss aller Widersprüchlichkeiten auf zwei Grundaussagen fokussieren: Der Junge ist äußerst sensibel, aber extrem aggressiv und gruppenunfähig. Ich frage mich, was treibt ein Kind, dass sich selbst so deutlich spürt in ein sozial nicht anerkanntes Verhalten, das nur weiter zur Eskalation führen kann?

Im Folgenden möchte ich dazu zwei Methoden vorstellen, die es ermöglichen die oben genannten Ansprüche an eine würdigende, kindzentrierte und ressourcenorientierte Darstellung eines Falles zu erfüllen...

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